Weil vor dem Polyfantasiahaus ein Auto abgestellt war, das der Szene der ehemaligen Besetzer_innen des Topf&Söhne-Geländes zugerechnet wird, bekamen wir am Dienstag Vormittag Behördenbesuch. Zwei Polizeibeamte wollten wissen, was denn hier so vor sich geht. Der Polizeieinsatz war nicht unser erster Kontakt mit staatlichen Stellen. Schon vorher hatte das Bauamt gewarnt, wir könnten das Gebäude besetzen. Das alte Innenministerium wird seit Mai 2009 in der Zwischennutzung von verschiedenen Gruppierungen für Ausstellungen und Veranstaltungen genutzt – ohne dass es bisher behördliche Einwände gegeben hätte.
Auch vom Ordnungsamt gibt es Signale dafür, dass die Zusammenarbeit der schwul/lesbischen Szene mit anderen diskriminierten Gruppen nicht gerne gesehen wird. So äußerte eine Mitarbeiterin der Behörde beim Kooperationsgespräch zur CSD-Demo am Samstag, der Anmelder solle genau überprüfen, wer an der Demonstration teilnehme.
Jenny R. vom Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) sagt dazu: „Wir lassen uns nicht vorschreiben, mit wem wir zusammenarbeiten. Das Aufbegehren in der Christopher Street richtete sich gegen Diskriminierung in ihren verschiedenen Facetten. Insofern ist es nur folgerichtig, dass das Umfeld des ehemaligen Besetzen Hauses mit uns zusammen auf die Straße geht.“
1969 kam es in der New Yorker Christopher Street zu mehrtägigen Krawallen, als Schwule, Lesben, Transsexuelle, Obdachlose und Sympathisant_innen sich gemeinsam gegen die damals üblichen willkürlichen Schikanen durch Polizeibeamte zur Wehr setzten. Um an dieses gemeinsame Aufbegehren gegen Unterdrückung zu erinnern, wird seitdem jährlich der Christopher-Street-Day gefeiert.
Diskriminerung hat viele Gesichter hat. Manchmal äußert sie sich durch Pöbeleien auf der Straße, manchmal bei der Jobsuche. Manchmal zeigt sie sich auch darin, welche Gruppen besonders von Behörden beobachtet werden. Und genau das passiert in Erfurt immer da, wo sich Kultur ohne Schlips und Kragen einen Platz nimmt.
Wir haben das satt und demonstrieren am Samstag gemeinsam gegen Ausgrenzung und Diskriminierung von all denen, die nicht in das Zigarrenkastenweltbild unserer spießigen Landeshauptstadt passen.
Die Auftaktkundgebung zur CSD-Demo findet am Samstag (22.8.) um 14 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz statt.